JUSTIZ

Sonderbehandlung für Kurz

Justizministerin Zadic hat sich dem Drängen des Kanzlers gebeugt, von einem Richter – und nicht wie üblich – von der Staatsanwaltschaft einvernommen zu werden. Unter der ÖVP-Regierung herrscht offenbar eine Zwei-Klassen-Justiz in Österreich.

Bundeskanzler Kurz muss sich wegen seiner möglichen Falschaussage vor dem Ibiza-U-Ausschuss der Justiz stellen. Es drohen bis zu drei Jahre Haft. Und für uns ist klar: Sollte es zu einer Anklage kommen, muss Kurz zurücktreten. Die ÖVP versucht nun mit allen Mitteln, die Einvernahme und eine mögliche Anklage des Kanzlers hinauszuzögern. 

Ein weiterer Kniefall der Grünen vor dem System Kurz. #wasismiteuch👉 https://www.diepresse.com/6013207/weisung-kurz-wird-von-einem-richter-befragt

Posted by Jörg Leichtfried on Tuesday, July 27, 2021

Datenschutz

Bisher wurde der §101 Abs. 2 der Strafprozessordnung, der vorsieht, dass eine Beschuldigteneinvernahme durch einen Richter und nicht durch die zuständige Staatsanwaltschaft erfolgt („wenn eine besondere Bedeutung des Beschuldigten als auch eine besondere Bedeutung der Straftat und daher bestehendes öffentliches Interesse an der gerichtlichen Beweisaufnahme vorliegt“), nicht für Personen verwendet, die ein politisches Amt bekleiden. Nur für Justizbeamte kam er bisher zur Anwendung. Aus gutem Grund: Der Paragraf dient in erster Linie dem Schutz von Staatsanwält*innen, damit diese nicht ihre Vorgesetzten einvernehmen müssen. „Kurz scheint sich vor der bestens eingearbeiteten Staatsanwaltschaft zu fürchten. Und die Grünen haben dem Druck durch die ÖVP nachgegeben“, stellt unser stv. Klubobmann Jörg Leichtfried fest.

Yildirim: Warnzeichen für unseren Rechtsstaat

Nun wird dieser Paragraf erstmals auf ein Regierungsmitglied – auf Bundeskanzler Kurz – angewendet. Und das auf Weisung von Justizministerin Zadic. „Für den Bundeskanzler wird das gelebte Recht gebogen und somit der Eindruck einer Zwei-Klassen-Justiz erweckt, weil er sich nicht durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft einvernehmen lassen will. Zadić muss erklären, warum Kurz eine Sonderbehandlung erhält!“, fordert unsere Justizsprecherin Selma Yildirim. „Von Justizministerin Alma Zadić, die behauptet, sie schütze die Justiz vor den ÖVP-Attacken, hätte ich mir sehr viel mehr erwartet.“ Das Einknicken des Justizministeriums vor Bundeskanzler Kurz zeigt für Yildirim, „wie dringend wir einen unabhängigen und weisungsfreien Bundesstaatsanwalt an der Spitze der Staatsanwaltschaften brauchen. Dass Kurz und die ÖVP über Koalitionsdruck Sonderbehandlungen in der Justiz erwirken können, ist ein weiteres Warnzeichen für unseren Rechtsstaat“, erklärt Yildirim.

Deutsch: Abgehobenheit von ÖVP-Kanzler Kurz jetzt amtlich

Unser Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch reagiert mit scharfer Kritik auf die Jubelmeldungen der ÖVP zu dem Umstand, dass es für Kurz nun eine Sonderbehandlung gibt: „Die Abgehobenheit von ÖVP-Kanzler Kurz und der türkisen Familie ist jetzt amtlich. Kurz und die türkise Familie glauben offenbar, über den Bürger*innen, über Recht und Anstand zu stehen und folgenlos diktieren zu können, wo – wie die Causa Schmid zeigt – welche Aufsichtsräte sitzen, wie Ausschreibungen ausschauen und ob Einvernahmen von Staatsanwält*innen oder Richter*innen durchgeführt werden.“ Für den SPÖ-Bundesgeschäftsführer steht mit Blick auf Zadic‘ Weisung fest: „Dass sich die grüne Justizministerin für eine ‚Lex Kurz‘ hergibt und dem ÖVP-Drängen nach einer Sonderbehandlung für Kurz devot nachkommt, ist unfassbar und eine Bankrotterklärung.“