Türkis-grüne Steuerreform: Weder sozial noch ökologisch

Die Bundesregierung hat die Eckpunkte ihrer groß angekündigten ökosozialen Steuerreform vorgestellt. Das Fazit: Die Reform ist weder sozial noch ökologisch. Großunternehmen erhalten Steuergeschenke in Milliardenhöhe – Geld, das für wichtige Klimaschutzmaßen und mehr soziale Gerechtigkeit fehlt.

Die vorgestellte Steuerreform der Regierung ist aus Sicht unseres Finanzsprechers Jan Krainer weder sozial noch ökologisch: „Die Konzerne und die Bauern können sich auf den Schutz des Spendenkanzlers verlassen. Warum die Grünen dabei mitmachen, ist freilich ein Rätsel“. Die Tarifsenkung gleicht gerade einmal die kalte Progression für zwei Jahre aus. „Das heißt, die Arbeitnehmer*innen zahlen sich das selber. Auf der anderen Seite bekommen die größten Konzerne das größte Stück vom Kuchen. Was soll daran sozial sein?“, sagt Krainer. „Konzerne und große Vermögen tragen immer weniger zur Finanzierung bei, Arbeitnehmer*innen, kleine Selbständige, Pensionist*innen und Verbraucher*innen immer mehr, diese Schieflage im Steuersystem wird jetzt noch größer“, kritisiert Krainer. Die Senkung der Lohnnebenkosten hat übrigens auch einen Preis: „Die Rechnung zahlen Arbeitnehmer*innen und Pensionist*innen in Form von Leistungskürzungen und Sozialabbau.“

Soziale Schieflage wird verschärft

Dabei haben die Arbeitnehmer*innen in der Krise deutlich an Einkommen verloren, die großen Unternehmen konnten ihre Gewinne hingegen sogar steigern. Einen erheblichen Anteil daran haben auch die Staatshilfen für die Unternehmen, die in Österreich doppelt so hoch waren wie im EU-Schnitt. „Die Unternehmen haben in der Krise 20 Milliarden Euro vom Steuerzahler bekommen, sie bekommen jetzt von Kurz und Kogler noch einmal ein bis zwei Milliarden oben drauf“, kritisiert unser Finanzsprecher.

Und beim Familienbonus schlägt der grundsätzliche Konstruktionsfehler immer stärker durch. Denn für Kinder von einkommensarmen Eltern gibt es gar keinen oder nur einen geringen Bonus. „181.000 Kinder erhalten lediglich den reduzierten Kindermehrbetrag, weitere 166.000 Kinder haben überhaupt keine Ansprüche. Die Erhöhung des Familienbonus wird überhaupt nur jenen zugutekommen, die weit überdurchschnittlich verdienen“, erläutert Krainer.

Viel Symbolpolitik – wenig Klimaschutz

Auch unsere Umweltsprecherin Julia Herr bezeichnet die Reform der Regierung als „sehr enttäuschend sowohl für den Klimaschutz als auch im Sinne der sozialen Gerechtigkeit“. Türkis-Grün beschenken mit der Senkung der Gewinnsteuer die Konzerne und Großunternehmen, sinnvolle Investitionen für den Klimaschutz bleiben hingegen auf der Strecke. „Während das Geld für Milliardengeschenke an die Großspender für Kurz locker sitzt, gibt es wenig Geld für die soziale Abfederung durch den Öko-Bonus“, kritisiert Herr. Für Herr ist klar: „Es braucht einen sozialen Öko-Bonus und nicht einen, der ausschließlich davon abhängt, wo man wohnt.“ Energiearmut ist vor allem in Städten ein Thema, wo Familien mit wenig Einkommen im Winter oft beim Heizen sparen müssen. Bei der CO2-Bepreisung bleibt vieles nur Symbolpolitik. „Die CO2-Steuer trifft die untersten 10 Prozent der Haushalte mit wenig Einkommen viermal so stark trifft wie die obersten 10 Prozent!“, so Herr. Die Regierung betont zwar, dass klimaschädliches Verhalten bestraft werden und klimafreundliches Verhalten belohnt werden soll –  das gilt allerdings ganz offensichtlich nicht für die Unternehmen, denn für diese gibt es Steuergeschenke unabhängig vom Klimaschutz. „Die Gewinner*innen der türkis-grünen Steuerreform sind Großkonzerne, die Milliarden geschenkt bekommen, und Gutverdienende, die am meisten von den neuen Steuerstufen sowie von der Erhöhung des Familienbonus profitieren. Die Verlierer*innen sind Menschen, die wenig Geld haben, und das Klima. Wieder einmal bekommen die Österreicher*innen das Schlechteste aus beiden Welten aufgetischt“.

Geringverdienende profitieren kaum

Unser Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch betont, dass das Volumen vergangener Steuerreformen unter SPÖ-Kanzlerschaft gemessen am Bruttoinlandsprodukt nicht nur höher war, sondern auch zu einem deutlich höheren Anteil an die Arbeitnehmer*innen und Selbstständige gegangen ist – inklusive sozial gerechter Negativsteuer für Geringverdiener*innen. „Wenn die ÖVP heute die größte Entlastung in der Geschichte der Zweiten Republik bejubelt, dann ist das ausschließlich für türkise Gönner und Großspender zutreffend“, sagt Deutsch. Denn von der Senkung der Einkommenssteuerstufen haben jene Menschen, die weniger als 18.000 Euro im Jahr verdienen, nichts. „Besonders betroffen sind Frauen, Studierende und Teilzeitbeschäftigte, die auch unter der aktuellen Teuerung und den hohen Wohnungs- und Energiekosten leiden. Für sie hat die Regierung bestenfalls Almosen über“, kritisiert Deutsch, der daran erinnert, dass die SPÖ zur Entlastung eine Teuerungsbremse inklusive Halbierung der Mehrwertsteuer auf Strom und Gas fordert.

Wichtige Zukunftsinvestitionen fehlen

„Was vollkommen fehlt, sind Finanzierungsmodelle für wichtige Zukunftsinvestitionen in Bildung, Gesundheit und Pflege“, sagt Deutsch, der eindringlich vor der Verschärfung des Pflegenotstands warnt. „Die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge lassen zudem Kürzungen im Gesundheitsbereich und Selbstbehalte für Versicherte befürchten“, so Deutsch, der betont, dass die Arbeitnehmer*innen nicht die Kosten aufgehalst bekommen dürfen. Als „hoch problematisch“ bezeichnet Deutsch den Umstand, dass die Regierung keine Gegenfinanzierung für ihre Steuerreform – und vor allem die Geschenke an türkise Großspender – vorlegt. „Weder sind eine gerechte Besteuerung von Millionenerbschaften und Millionenvermögen geplant, noch ist eine Besteuerung von Online-Multis vorgesehen.“ Die Arbeitnehmer*innen müssen damit nicht nur die Kosten der Krise, sondern auch die Kosten der Steuerreform tragen. „Die ungleiche Vermögensverteilung wird dadurch immer weiter befeuert“, so Deutsch.

Frauen haben das Nachsehen

„Türkise Großspender profitieren. Frauen haben das Nachsehen“, zu diesem ernüchternden Befund kommt SPÖ-Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner. Jede zweite Frau in Österreich arbeitet Teilzeit. Doch Teilzeitbeschäftigte wurden vollkommen vergessen. Notwendig wäre eine Erhöhung der Steuergutschrift für Geringverdienende (Negativsteuer) gewesen. Die ÖVP geht eindeutig von ihrem konservativen Familienbild aus, das Frauen zu Zuverdienerinnen abstempelt. Für wichtige Investitionen wie Kinderbetreuung, Pflege und Gesundheit – von denen Frauen in hohem Maße profitieren würden – fehlt das Geld. „Wer zahlt die Kosten der Krise? Folgt bald das böse Erwachen mit Sparprogrammen, die die Ärmsten in Österreich am meisten treffen werden?“, fragt Holzleitner. „Alles, was den Sozialstaat schwächt, schwächt Frauen umso mehr“, so Holzleitner. Die SPÖ fordert von der Bundesregierung ein konsequentes Eintreten, um Lohnunterschiede zu verringern: einen Frauenschwerpunkt bei Arbeitsmarkt- und Ausbildungsinitiativen, Lohntransparenz und einen raschen Ausbau der Kinderbetreuung.