Sicherheit ist sozial

Soziale Sicherheit bedeutet Freiheit von Armut und Not. Sie schafft ein Leben in Würde und die Möglichkeit, Träume zu verwirklichen. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten kämpfen so überzeugt wie hartnäckig für den Sozialstaat und eine Gesellschaft, in der diese Freiheit für alle Menschen Wirklichkeit ist.

(1) Wir brennen für das Ideal eines freien und selbstbestimmten Lebens. Es ist der eigentliche Zweck der sozialen Sicherheitssysteme, jedem Menschen die Freiheit von Not sowie seine Teilnahme am gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben zu garantieren. Es geht darum, alle Menschen in die Lage zu versetzen, ihre Träume zu entwickeln und erfüllte soziale Beziehungen führen zu können. Deshalb brauchen und verteidigen wir einen starken Sozial- und Wohlfahrtsstaat, der die sozialen Rechte aller Menschen sicherstellt. Unsere Arbeitslosen-, Kranken-, Pensions- und Unfallversicherungen sind Ausdruck institutionalisierter Solidarität.

(2) Wir wollen eine erstklassige Gesundheitsversorgung für alle. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten bekennen uns zum Grundrecht aller Menschen auf Lebens- und Arbeitsverhältnisse, die unsere Gesundheit schützen und fördern. Gesundheit ist nicht die bloße Abwesenheit von Krankheit, sondern bedeutet auch körperliches und geistiges Wohlbefinden. Wir garantieren den gleichberechtigten Zugang zu einem öffentlichen und solidarisch finanzierten Gesundheitssystem für alle Menschen in unserem Land: Niemand darf in Österreich später behandelt werden, weil er oder sie über weniger Einkommen oder keine Beziehungen verfügt. Wir treten jeder Form von Zweiklassenmedizin entgegen. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen für ein solidarisches Gesundheitssystem, in dem alle Menschen pflichtversichert und nach dem Sachleistungsprinzip – unabhängig von privat finanzierten Zusatzleistungen – optimal versorgt sind. Die Leistungen unseres Gesundheitssystems müssen der bedarfsgerechten, flächendeckenden, wohnort- und zeitnahen Versorgung aller dienen, was durch einen starken Ausbau der Primärversorgungszentren gewährleistet werden soll. Die öffentlichen Eigentumsverhältnisse und Strukturen des Gesundheitssystems sind so zu organisieren, dass sichergestellt ist, dass Patientinnen und Patienten selbständige Entscheidungen zur eigenen Behandlung treffen können. Wir wollen eine effiziente Struktur der selbstverwalteten Sozialversicherungsträger und eine Vereinheitlichung der Bedingungen für die Versicherten. Selbstbehalte treffen ärmere und chronisch Kranke besonders hart, weshalb wir unsere Gesundheitseinrichtungen nicht darüber finanzieren werden.

(3) Wir kämpfen für ein Altern in Würde und frei von Existenzängsten. Pflege geht uns alle an. Wir dürfen und wollen die Aufgabe nicht einfach, wie es in den meisten Fällen Realität ist, auf die Frauen in der Familie abschieben. Auch zigtausende Kinder und Jugendliche pflegen ihre Angehörigen. So wichtig die persönliche Zuwendung von Angehörigen ist, wir brauchen mehr professionelle Pflege und einen massiven Ausbau des mobilen und örtlichen Betreuungsangebots. In unserem Land darf niemand mit dieser schweren Aufgabe alleine gelassen werden. Niemand soll im Alter das Gefühl haben, eine Belastung zu sein oder seiner Familie auf der Tasche zu liegen. Jede Person in Österreich muss das Recht auf eine qualitativ hochwertige Pflege haben, die aus öffentlichen Mitteln bzw. Steuern auf Erbschaften finanziert wird. Unser Pflegesystem sichert die soziale Teilhabe im Alter, es ist eine Unterstützung zur Selbsthilfe für Menschen mit Behinderung. Das bedeutet auch eine Investition in ein umfassendes und differenziertes Pflegeangebot, das allen offensteht und eine flächendeckende Versorgung garantiert. Wir streben ein bundesweit einheitliches, transparentes, öffentliches Pflegesystem an, das den Pflegekräften höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen ermöglicht. Dazu gehört auch der Ausbau von Angeboten in der palliativen und hospitären Begleitung.

(4) Wir garantieren sichere Pensionen. Verlässlichkeit, Solidarität und Leistungsgerechtigkeit stehen im Vordergrund sozialdemokratischer Pensionspolitik. Unser staatliches Pensionssystem wird vom Bekenntnis zu einer Versicherungsgemeinschaft getragen, in der alle selbstständig und unselbstständig arbeitenden Menschen entweder direkt oder über ihre Steuerleistung einen Beitrag leisten und dementsprechend Ansprüche erwerben. Dieses solidarische Umlageverfahren hat sich gegenüber privaten Vorsorgesystemen, die vom Kapitalmarkt abhängig sind, immer bewährt – nicht zuletzt deshalb, weil unsere Pensionen deshalb nicht der Krisenanfälligkeit der Finanzmärkte ausgeliefert sind. Unser staatliches Pensionssystem ist eine Errungenschaft, auf die wir stolz sind. Es weiterentwickeln heißt, für höhere Pensionen besonders für Frauen einzutreten. Altersarmut darf keine Chance haben. Ob jemand für eine höhere Pension spart, ist jedem und jeder selbst überlassen. Eine staatliche Förderung dafür ist weder notwendig noch zielführend. Denn unsere Pensionen sind dann sicher, wenn es ausreichend Wirtschaftswachstum, hohe Beschäftigung und anständige Löhne gibt, die letztlich die Quellen für Pensionsbeiträge und damit -zahlungen sind. Wir kämpfen daher auch für eine Arbeitsmarktpolitik, die dazu führt, dass möglichst alle Menschen bis zur Erreichung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters in Beschäftigung bleiben. Das benötigt eine konsequente Beschäftigungs- und Investitionspolitik und ausreichend altersgerechte Arbeitsplätze. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten setzen uns für das Grundrecht auf Alterssicherung und die Garantie für die Werterhaltung der Pensionsansprüche ein.

(5) Das Mindeste sichern. Wir werden erst dann zufrieden sein, wenn wir die Armut in unserem Land völlig besiegt haben. Im Grunde soll niemand vom existentiellen Minimum leben müssen, doch wenigstens dieses Mindeste muss ohne Wenn und Aber garantiert sein. Wir bekennen uns zu einer effektiven Armutsbekämpfung mit Mindeststandards, um allen Menschen ein würdevolles und angstfreies Leben zu ermöglichen. Die Mindestsicherung bildet das letzte soziale Sicherungsnetz. Ein Netz, auf das jeder und jede alleine aus dem Menschsein ein Anrecht hat. Allen Versuchen reaktionärer Kräfte, unter Aushöhlung unserer sozialen Versicherungen noch mehr Menschen in die Mindestsicherung zu drängen und ein entmündigendes Regime zur Etablierung eines Niedriglohnsektor zu schaffen, treten wir auf allen Ebenen entschieden entgegen. Die Mindestsicherung soll bundesweit vereinheitlicht werden, auch um den innerösterreichischen Wettbewerb nach unten zu beenden. Sie muss transparent organisiert sein. Alle Anspruchsberechtigten sollen wissen, wie und wo sie zu ihrem Recht kommen. Mit uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wird es kein Zurück in eine Zeit der Essensgutscheine und Suppenküchen geben, in der die Armenfürsorge ein entwürdigendes System aus Scham, Bittstellertum und Demütigung etabliert hat. Wir stehen dafür, nicht die Armen zu bekämpfen, sondern die Armut.

(6) Sicherheit geben. Sicherheit ist ein ursozialdemokratisches Thema. Die meisten Menschen sind auf einen handlungsfähigen Staat angewiesen. Nur sehr Reiche können sich private Sicherheit kaufen. Natürlich kann der Staat keine absolute Sicherheit garantieren, aber er muss alles tun, um Unsicherheiten zu verringern. Freiheit und Sicherheit bilden eine Einheit. Die Sozialdemokratie ist in ihrer langen Geschichte immer für eine gewaltfreie Gesellschaft eingetreten. Die SPÖ steht für eine Gesellschaft, die sich durch ein solidarisches, friedliches Zusammenleben definiert, in der die Menschen in Freiheit und Sicherheit gemeinsam leben und sich entwickeln können. Jede Form der Gewalt – von wem und gegen wen auch immer – gefährdet nicht nur einzelne Personen, sondern auch die solidarische, faire Demokratie.

(7) Sicherheit ist eine öffentliche Aufgabe. Eine der Grundlagen des Rechtsstaates und Ausdruck staatlicher Souveränität ist das Gewaltmonopol des Staats, das für Frieden und Sicherheit steht. Damit verbundene Aufgaben dürfen weder ausgelagert noch privatisiert werden und sind ausschließlich von dafür vorgesehenen staatlichen Einrichtungen wahrzunehmen. Wir treten dem gesellschaftlichen Phänomen der Kriminalität einerseits durch eine gezielte Sozialpolitik und andererseits durch eine moderne Polizei entgegen. Dafür braucht es eine handlungsfähige demokratisch legitimierte Polizei, deren Organe im Bereich der Grundrechte, der Prävention und der Deeskalation besonders zu schulen sind. Auf der anderen Seite ist das österreichische Bundesheer dazu berufen, das Bundesgebiet vor möglichen Gefahren von außen wirksam zu schützen.

(8) Demokratie bürgernah gestalten. Zu den Herzstücken unserer repräsentativen Demokratie zählen Gewaltentrennung und starke Vertretungen auf allen Ebenen. Diese sind durch allgemeine, freie und geheime Wahlen zu legitimieren und gegebenenfalls durch die direkte Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an Entscheidungen zu ergänzen. Die Verwaltung des Staates muss für alle Menschen barrierefrei zugänglich und generell leicht erreichbar sein – analog wie digital. Das betrifft auch die Möglichkeit, Entscheidungen rasch beeinspruchen zu können. Jede Handlung, jede Entscheidung der Verwaltung muss möglichst nachvollziehbar und transparent sein. Eine moderne Verwaltung, wie wir sie wollen, nutzt die Möglichkeiten der neuen Technologien, um die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an allen Abläufen zu vergrößern und öffentlich erhobene Daten zugänglich zu machen.

(9) Gleichheit vor dem Gesetz und durch das Gesetz muss garantiert sein. Die richterliche Unabhängigkeit ist ein unumstößlicher Eckpfeiler des Rechtsstaates. Sie muss durch demokratische Kontrollmaßnahmen gestützt werden. Transparente und faire Auswahlverfahren, bei denen juridische Fachkenntnisse ebenso berücksichtigt werden wie psychologische Kenntnisse, soziales Verantwortungsbewusstsein und das Verständnis für wirtschaftliche und politische Zusammenhänge spielen hier eine tragende Rolle. Die Mitwirkung des Volkes an der Rechtsprechung im Rahmen einer reformierten Geschworenengerichtsbarkeit ist uns wichtig. Für uns ist Bildungs- und Sozialpolitik die beste Präventions- und Sicherheitspolitik, das Strafrecht kann nur eine Form zur Kriminalitätsbekämpfung sein. Bei voller Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen der Menschen unterstützen wir Alternativen zum herkömmlichen Strafvollzug.

(10) Zugang zum Recht erleichtern. Wir wollen die Verfahrenshilfe ebenso ausbauen wie geeignete Institutionen der Rechtsberatung. Um die Rechte von KonsumentInnen zu wahren, braucht es starke Vertretungsstrukturen und die Möglichkeit von Verbandsklagen.