

Neben der gesellschaftlichen Relevanz von Kunst und Kultur hat Vizekanzler und Kulturminister Andreas Babler bei seiner Rede im Rahmen der Eröffnung der 105. Salzburger Festspiele über die katastrophale humanitäre Lage im Gazastreifen gesprochen. Nachdem es zu einer Protestaktion gekommen war, lud Babler zu einem offenen Dialog ein: „Kunst und Kultur sollen immer ein Raum der echten gesellschaftspolitischen Debatten sein und den Diskurs in unserem Land fördern. Ich habe selbst in meiner Rede über die katastrophale humanitäre Lage in Gaza und das große Leid der Zivilbevölkerung gesprochen, da es mir wichtig war, auch den Rahmen der Festspiele zu nutzen, um darauf aufmerksam zu machen. Ich habe großes Verständnis für den Protest“, betonte Babler nach der Eröffnungsfeier und wandte sich direkt an die Protestierenden: „Friedlicher Protest ist wichtig und wird ernst genommen. Ich lade die Menschen, die heute Protest erhoben haben, daher ein, in einem angemessenen Rahmen Gespräche zu führen und in den Dialog zu treten.“
Der Vizekanzler und Kulturminister unterstrich in seiner Rede, dass Kunst „unser Kompass sein kann“, gerade in Krisenzeiten. Sie könne uns „beim Nachdenken über die Welt und beim Entwickeln von Lösungen helfen“.
Babler erinnerte an den kürzlich verstorbenen Direktor des Wiener Burgtheaters, Claus Peymann, und sieht die Festspiele „als Orte echter gesellschaftspolitischer Debatte“. Klassiker der Hochkultur würden uns einen Spiegel vorhalten und uns an ewige Konstanten erinnern. Popkultur und zeitgenössische Kunst würden uns etwas über das Hier und Jetzt verraten, über unser Lebensgefühl. Die Themen, die in Film und Musik verhandelt werden, seien „ein Seismograph des Zeitgeists. Dieser Seismograph schlägt aktuell eher in die pessimistische Richtung aus – nicht nur hier in Salzburg. Das war nicht immer so.“
Babler erinnerte in der Rede an seine Kindheit und Jugend. An eine Zeit, in der seine Eltern daran glaubten, dass es ihm als Arbeiterkind einmal besser gehen würde. „Zukunft bedeutete Vision, Abenteuer – sie war ein Versprechen. Heute – nur ein paar Jahrzehnte später – sieht das völlig anders aus. Die Visionen der Zukunft sind fast immer apokalyptisch. Sie wurzeln im Aufstieg der Rechtsextremen und Autoritären, sie wurzeln im Krieg, den Russland gegen die Ukraine führt. In der Zerstörung des Gaza-Streifens und dem unvorstellbaren Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung. Und auch wenn die Wurzeln allzu klar sind, frage ich mich: Warum sind wir so pessimistisch geworden?“, so Babler. Seine These dazu: „Der Bruch kam mit der Finanzkrise 2008. Träume platzten – und manche hörten ganz auf, zu träumen. Damit begann das große Versprechen, unser gemeinsames Versprechen der Nachkriegszeit, zu bröckeln. Heute versuchen viele nur noch, den Abstieg aufzuhalten“, so Babler.
Babler bezog sich in seiner Rede auf Bundespräsident Alexander Van der Bellen und dessen Rede bei den Bregenzer Festspielen: Van der Bellen habe „davon gesprochen, dass wir zu einem Mindset finden müssen, das uns in die Zukunft führt. Dafür sollten wir die Welt zunächst so sehen, wie sie ist. Wenn wir das tun, stellen wir fest: Ja, es gibt Probleme, und es wird immer welche geben. Aber wir hatten noch nie so gute Voraussetzungen, sie zu lösen“, so Babler. Man müsse sich dafür nur die Geschichte Österreichs ansehen. „Wer hätte damals gedacht, dass auf den Trümmern des Zweiten Weltkriegs eine der lebenswertesten Demokratien der Welt entstehen würde?“
Babler kommt daher zu einem optimistischen Schluss: „Wir können in einer besseren Welt leben. Sie wird nicht untergehen, wenn wir gemeinsam handeln. Wir können der Klimakrise als drängendster Frage unserer Zeit entgegentreten, wenn wir der Wissenschaft folgen. Wir können Österreich gerechter machen, damit hier wieder große Träume wachsen. Wir müssen nur wieder an unsere Stärken glauben, entsprechend handeln und für mehr Gerechtigkeit sorgen.“ Die Kunst weise auch dort den Weg, denn, wie der große Theatermacher Peymann sagte: „Theater kontrolliert die Mächtigen, Theater spricht für die Ohnmächtigen“, so Babler, der deswegen warnt: „Wir dürfen die Kassandras unserer Zeit nicht ignorieren. Die jungen Menschen, die warnen und mahnen – doch kaum jemand hört ihnen zu.“
„Lassen wir uns hier und heute und während der gesamten Festspielzeit inspirieren – und dann beharrlich handeln. Denken wir darüber nach, wie wir Krisen meistern, wie wir mit Veränderungen umgehen und wie wir das Aufstiegsversprechen Österreichs wieder wahrmachen können.“ Babler schloss seine Rede mit einem Auftrag an alle Besucher*innen der Salzburger Festspiele: „Lassen Sie uns wieder gemeinsam träumen. Holen wir uns gemeinsam die Zukunft zurück.“